Montag, 30. April 2012

...rätseln die Medien über den Verbleib eines Reporters

Roméo Langlois vom französischen Fernsehsender France 24 hatte die kolumbianische Armee schon mehrfach bei Einsätzen begleitet: Am Samstag jedoch eröffneten Farc-Rebellen plötzlich das Feuer, wobei sie drei Soldaten und einen Polizisten töteten und mehrere weitere Menschen verletzten – darunter den Journalisten, der seitdem als verschwunden gilt.


Update vom 1. Mai: Inzwischen scheint Klarheit darüber zu herrschen, dass die Farc Langlois tatsächlich als "Kriegsgefangenen" halten – eigentlich hatten sie angekündigt, die Praxis der politisch motivierten Entführungen aufzugeben.

Sonntag, 29. April 2012

...hat eine "halbe Torte" heute einen Weltrekord aufgestellt

Im Veranstaltungszentrum La Media Torta im Zentrum der Stadt sowie an zehn anderen Orten im Land haben an diesem Nachmittag mehrere tausend Menschen zur Musik von Carlos Vives getanzt - Ende Mai steht fest, ob sie es damit ins Guinness Buch der Rekorde geschafft haben.

Getanzt wurde das Stück "La Pollera Colorá", eine traditionelle Cumbia. Quelle: elespectador.com
PS: Morgen gibt's einen Eintrag über den französischen Journalisten, der heute verschwunden ist und vermutlich von den Farc entführt wurde.

PPS: Gerade habe ich außerdem den Eintrag über den Plagiatsfall neu geschrieben, den das iPad am Donnerstagmorgen gefressen hatte.

Samstag, 28. April 2012

...gab es schon wieder einen Säure-Anschlag auf eine Frau

Erst vorgestern sagte mir ein Anthropologe auf dem Weg nach San Agustín, dass auch Verbrechen kulturelle "Ideen" seien; als Beispiele nannte er für die kolumbianische Kultur: die altbekannten Entführungen und die neuerdings immer häufigeren Säure-Attacken - und heute lese ich, dass es von letzteren allein in der Hauptstadt dieses Jahr schon vier gegeben hat, die jüngste in der Nacht von Donnerstag auf Freitag.*

Am Weltfrauentag machte El Espectador mit dem Thema auf.
 * Wir sprachen auch die Verantwortung der Medien an und die Frage, ob die ständige Berichterstattung diesen Trend nicht vielleicht sogar befeuert...

Freitag, 27. April 2012

...halten Politiker Bullying für eins der größten Probleme

Diese Woche ist ein 12-Jähriger gestorben, nachdem Mitschüler ihn in der Schule bewusstlos geprügelt hatten - einen "Schulnotstand" auszurufen, um das Problem des matoneo (heute gab es einen neuen Fall in Bogotá) anzugehen, wie es die grüne Senatorin Gilma Jiménez fordert, lehnt Bildungsministerin María Fernanda Campo jedoch ab.

Donnerstag, 26. April 2012

...gibt's auch einen kleinen Plagiatsskandal

Ich hasse unser iPad. Es hat schon wieder einen aufwändigen Eintrag gefressen. Wenn irgendeiner ne Idee hat, wie sich dieses Problem lösen lässt, gerne her damit. Weiß noch nicht, wann ich dazu komme, den Plagiatsfall noch mal ausführlich vorzustellen.  Heute (29. April):

Weite Teile eines Vorschlags, wie sich eine Secretaría de Seguridad einrichten ließe, stammten aus einem Artikel der Zeitschrift "Geografía y Ciencias Sociales" der Uni Barcelona: Anders als Karl-Theodor zu Guttenberg gibt Stadtrat Marco Fidel Ramírez allerdings öffentlich zu, den Text nicht selbst geschrieben zu haben - und fordert die Autorin (seine juristische Beraterin) einfach auf, doch bitte zurückzutreten.

So sieht es aus, wenn in Kolumbien ein Plagiat* aufgedeckt wird. Kein fancy-Barcode, dafür ein lässiger Kommentar: "Hier löscht der Typ einen Absatz, in dem es im Original um Katalonien geht." Quelle: www.caracol.com.co
  * hier übrigens umgangssprachlich niedlich: copialina

Mittwoch, 25. April 2012

...erzürnt die gestrige Misswahl die Lokalpatrioten der Stadt

Die neue Señorita Bogotá, die im nationalen Schönheitswettbewerb die Hauptstadt vertreten soll, kommt aus Barranquilla - und obwohl sie seit vier Jahren hier wohnt, hagelt es nun Kritik: "Als gäbe es keine schönen Frauen aus unserer Stadt!"
Loly Fuentes (22), die an einer Bushaltestelle entdeckt wurde und erst überredet werden musste, an der Misswahl teilzunehmen, zieht den Zorn der Hauptstädter auf sich, weil sie keine gebürtige Bogotana ist. Quelle: terra.com.co

Dienstag, 24. April 2012

...plant das Kabinett, 100.000 Wohnungen zu verschenken

Gestern hat Präsident Juan Manuel Santos gemeinsam mit seinem ehemaligen Innen- und jetzt Wohnungsminister Germán Vargas Lleras angekündigt, neue Häuser zu bauen und diese den "Ärmsten der Armen" zu überlassen - das Projekt soll vier Billionen Pesos (umgerechnet etwa 1,7 Milliarden Euro) kosten und jenen zugute kommen, die nicht die finanziellen Voraussetzungen* für den staatlichen Hausbauzuschuss erfüllen.

Ciudad Bolívar: Hier wohnen die ärmsten Familien Bogotás heute. Wie die Sozialwohnungen aussehen und wann sie fertig sein sollen, habe ich nicht rausfinden können.
* nämlich ein eigener Kredit (wobei ich mich frage, wie arme Familien hierzulande da dran kommen - letztens habe ich gelesen, dass nur 30 Prozent aller Kolumbianer ein Bankkonto haben...)

Montag, 23. April 2012

...füllt der Sex-Skandal um Obamas Agenten die Schlagzeilen

Seit ich wieder hier bin, habe ich kaum ein anderes Thema gehört als die Eskapaden der Secret Service-Mitarbeiter, die vor dem Amerika-Gipfel in Cartagena eigentlich "die Lage checken" sollten - und stattdessen*, wie nach einem Streit um die Bezahlung (800 oder 30 Dollar) bekannt wurde, die Nacht im Hotel in professioneller Begleitung verbrachten.

Für den Karikaturisten matador ist der eigentliche escándalo der neue Freihandelsvertrag (Tratado de libre comercio, TLC) zwischen Kolumbien und den USA, der am 15. Mai in Kraft tritt.

 * Kein Wunder, dass Obama für das Treffen nicht in seine maßgeschneiderte Guayabera, sondern doch lieber in kugelsichere Klamotten schlüpfte.

Donnerstag, 12. April 2012

...macht mein Blog zehn Tage Urlaub

Lina und ich fliegen morgen Abend nach Panama – da ich Camilo für seine Mexiko-Reise meinen Laptop leihe und außerdem ein bisschen abschalten will, gibt's den nächsten Eintrag erst, wenn ich wieder in Kolumbien bin: am Montag, den 23. April.*

Ich fürchte, das Video ist in Deutschland aus Copyright-Gründen nicht zu sehen... Aber etwas Ähnliches gibt's hier.

* Habe diese Woche übrigens meinen 100. Eintrag geschrieben – finde, das ist ein guter Anlass, um mich mal für durchschnittlich 35 Besuche am Tag zu bedanken: ¡muchísimas gracias!

Mittwoch, 11. April 2012

...bringt Escobars Pferdeklon Behörden in Schwierigkeiten

Als 2010 Roberto Escobars Rennpferd Terremoto ("Erdbeben") starb, wurde bekannt, dass er das Tier hatte klonen lassen: Der inzwischen zweieinhalbjährige genetisch identische Nachkomme soll sich eines Tages als Ersatz-Zuchthengst* betätigen – doch haben die Behörden bisher nicht eimal seiner Registrierung zugestimmt; die Fedequinas hat für Klone schlicht noch keine Regelung.

Roberto Escobar  (der Bruder von Medellín-Kartellchef Pablo Escobar, ehemaliger Rennradprofi und seit einem Briefbombenanschlag blind) vor einem Gemälde seiner großen Liebe; Quelle: www.larepublica.co



* die Killerbande "Pepes" hatte das mit einem Marktwert von einer Million Dollar damals teuerste Pferd Kolumbiens 1993 im Auftrag des gegnerischen Cali-Kartells entführt – und kastriert

Dienstag, 10. April 2012

...dreht sich nach und nach ein Karussell ins Gefängnis

Heute ist das zweite Urteil im Prozess gegen das carrusel de contratacionesgefallen: Nach dem ehemaligen technischen Direktor des Instituto de Desarrollo Urbano, einem Mann mit dem unschuldigen Namen Inocencio Meléndez, muss nun auch der Unternehmer Julio Gómez ein paar Jahre ins Gefängnis – beide haben riesige Summen öffentlicher Gelder** veruntreut, mit denen eigentlich u.a. die Transmilenio-Strecke Richtung Flughafen ausgebaut werden sollte.

So sah die Calle 26 aus, als vor zwei Jahren plötzlich auffiel, dass die Bauarbeiten nicht rechtzeitig fertig werden – noch immer ist weder die Straße durchgängig befahrbar noch die Transmilenio-Route eröffnet (sollte eigentlich 2010 soweit sein).




* ein Synonym für den größten Korruptionsskandal in der Geschichte der Hauptstadt, weswegen auch der ehemalige Bürgermeister Samuel Moreno seit September 2011 in U-Haft sitzt

** Schätzungen der Contralora General zufolge (dieses Amt entspricht in Deutschland etwa dem Präsidenten des Bundesrechnungshofes) beläuft sich der Schaden auf eine Billion Pesos – mehr als 400 Millionen Euro

Montag, 9. April 2012

...brüten wir noch über unserem ersten Kolumbien-Krimi


Jetzt, da mein Schwager im Flugzeug gen Bogotá sitzt und wir ihm seinen Osterurlaub nicht mehr vermiesen können, darf ich endlich diesen Eintrag von letztem Sonntag veröffentlichen:

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Gestern Nacht wurde bei uns in El Espinal eingebrochen: Camilos Ledertasche mit Laptop, Aufnahmegerät, Sennheiser-Kopfhörern und wichtigen Unterlagen ist weg – und mein Handy.*

CSI auf Kolumbianisch – der  Cuerpo Técnico de Investigación (CTI) hat die Beweisstücke im Hof nummeriert: ein Messer, das senkrecht im Boden steckte (#2), ein T-Shirt (#3) und eine Kappe (#4), die die Diebe bei der Flucht über Teakholz und Mauer verloren haben.
Zum Glück hatte am Domingo de Ramos ein Macheten-Talent Zeit, die Äste zu stutzen, die zum Nachbargrundstück hinüberragten.



* Irgendetwas (vielleicht das Gebell der Hunde) hat die Einbrecher wohl verjagt: Jedenfalls stand ein Koffer mit 350 CDs, den sie bereits zum "Fluchtbaum" getragen hatten, morgens noch dort; Oles Kamera im Wohnzimmer, wo auch mein Handy lag, müssen sie übersehen haben, und in ein anderes Zimmer als unseres gingen sie nicht mehr – bloß in die Küche, wo sie ein paar Arepas, Apfelsinen, Milch und Avena verputzten und anschließend die Kühlschranktür offen ließen.

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Eine Woche später sind wir übrigens noch nicht schlauer, und von den "Ermittlern" haben wir nie wieder was gehört.

Sonntag, 8. April 2012

...enttäuscht der Ex-Guerillero als Bürgermeister

Ich bin drei Wochen länger hier als der ehemalige M19-Kämpfer im Amt und habe nicht den Eindruck, dass er bisher viel bewegt hat: Es herrscht eigentlich noch immer das gleiche Chaos.

Zum 100-tägigen Amtsjubiläum ist heute eine neue Ausgabe von Petros Stadtzeitung erschienen –
die natürlich eine etwas andere Bilanz zieht als die übrigen Medien*. 
* In El Espectador etwa analysieren Politikwissenschafler, Gustavo Petro habe zwar "einige gute Ideen" präsentiert, sich aber ansonsten vor allem mit "Allgemeinplätzen", "exzessivem Twittern" und einer "besorgniserregenden Flatterhaftigkeit" hervorgetan.

Samstag, 7. April 2012

...freut sich die Presse auf Obamas Look beim Amerika-Gipfel

Einer Meldung der spanischen Nachrichtenagentur EFE zufolge wird der US-Präsident nächstes Wochenende in Cartagena eine guayabera tragen (ein in der Karibik traditionelles Leinenhemd, in dem er sicher wie immer blendend aussehen wird) – noch gespannter bin ich allerdings darauf, was bei dem Treffen politisch rauskommt.

Quelle: protocolocomentarios.blogspot.com

Freitag, 6. April 2012

...tanzen Männer in Tutu durch das größte Theater der Stadt

Der große Saal im schönen neuen Teatro Julio Mario Santo Domingo, das dieser seiner Heimatstadt vor seinem Tod gestiftet hat, beherbergt heute Les Ballets Trockadero de Monte Carlo – und wir gehen hin!


Quelle: guerrerogalactico.blogspot.com
Nachtrag vom 7. April: Enttäuschend! Tolle Kostüme, aufwändiges Makeup, auch tanzen können die Jungs – aber Stolpern, Flirten und Grimassieren ist keine zwei Stunden lang lustig... 

Donnerstag, 5. April 2012

...ist es an Ostern herrlich still

Da in Kolumbien schon Kardonnerstag Gründonnerstag festivo ist – und die Bogotanos immer fluchtartig die Stadt verlassen, um vier Tage Sonne zu tanken (Montag müssen wieder alle ins Büro) – knattert, hupt und hämmert hier heute nichts: Die Vögel zwitschern sogar!

Mittwoch, 4. April 2012

...sieht man heute viele nackte Waden

Am 4. April ist der Día Internacional contra las Minas, und von Kolumbien aus, wo seit 1990 fast 10.000 Menschen Opfer von Landminen geworden sind*, geht die Awareness-Kampagne "Lend your leg" mithilfe der UN um die Welt.

Mit hochgekrempelter Hose zeigen die Bogotanos Solidarität mit Minenopfern,
die z.B. ihr Bein verloren haben. Quelle: www.lendyourleg.org
* davon knapp zwei Drittel Militärs, ein Drittel Zivilisten; und in den ersten drei Monaten dieses Jahres allein 36 Kinder und Jugendliche

Dienstag, 3. April 2012

...dürfen Anzeigen keine Verjüngung mehr versprechen

Letzte Woche hat die Superintendencia de Industria y Comercio den Hersteller des Mittels Revertrex wegen irreführenden Marketings zu einer Geldstrafe und zum Rückzug seiner Werbung verdonnert – das Gesicht der Kampagne, die Diva Amparo Grisales, die hier den kolumbianischen Dieter Bohlen gibt, tingelt seitdem durch die Medien (traurigerweise bieten ihr auch seriöse Zeitschriften wie Semana ein Forum) und behauptet, selbst "der Beweis" zu sein, dass das Mittel wirkt.

Montag, 2. April 2012

...reden alle von zehn Geiseln und einem Nabelschwein

Heute haben die Fuerzas Armadas Revolucionarias de Colombia ihre letzten zehn uniformierten secuestrados* freigelassen: Nach mehr als zehn Jahren Gefangenschaft kehren damit vier Soldaten und sechs Polizisten zu ihren Familien zurück - einer von ihnen nicht allein, sondern in Begleitung eines süßen Pecarí, mit dem er sich offenbar im Urwald angefreundet hat.

Quelle: www.elespectador.com
* An zivilen Geiseln haben die Rebellen noch immer mehrere Hundert in ihrer Gewalt.

Sonntag, 1. April 2012

...empört der Freispruch der Bananen-Manager

Kolumbien hat seine Ermittlungen wegen Verdachts auf Schutzgeldzahlungen an rechte Paramilitärs eingestellt: Der Konzern sei erpresst worden und habe keine Wahl gehabt, so die Staatsanwaltschaft.*



* Nachdem die Geldstrafe in Höhe von 25 Millionen Dollar, die ein US-Gericht im Jahr 2007 gegen Chiquita Brands International verhängt hatte, als zu niedrig kritisiert worden war, ist jetzt geradezu ein Aufschrei durch die Medien gegangen: Den inhaftierten ehemaligen Chefökonom der paras hat der Freispruch sogar zu seinem ersten Interview bewogen – ihm zufolge ist Chiquita längst nicht die einzige Firma, die vacunas gezahlt hat, ohne mit der Wimper zu zucken.